
Autor: Lars Debbert
Die gleiche Mission – das gleiche Ziel bringt Menschen zusammen und lässt stabile Strukturen entstehen. So ist es fantastisch zu sehen wie hunderttausende von Menschen zusammenkommen, sich organisieren lassen und zusammen eine positive friedliche Zeit haben.
Mit der noch immer wachsenden Bewegung der Electronic Dance Music wachsen auch immer größere temporäre Städte. Dabei mischen sich Musik, Religion und Architektur zu einem ganz eigenen Stil. Die Prediger-Kanzel wird zur DJ-Kanzel. Der Gottesdienst wird wieder zu einem ursprünglichen Fest aus Rhythmus und Gemeinschaft in Transzendenz und freier Gestaltung.
Die Festivalkultur bringt neue Impulse wie sich Menschen zusammen organisieren und was Ihnen als Leitbild gilt. Den großen Ereignissen der Weltreligion erstaunlich ähnlich gibt es ein gemeinsames Ziel und gemeinsame Vorbilder und Interessen. Der Wunsch eines gemeinsamen Erlebnisses mit gemeinsamen Zielen ist stark und verbindend.
200.000 Menschen kommen zusammen um zu feiern auf Festivals wie dem Tomorrowland im belgischen Boom, in Chattahoochee Hills in den USA oder in Itu in Brasilien. Neue Ikonen werden geschaffen und geopfert beim Burning Man in der Wüste Nevadas in den USA, wo 70.000 Menschen jedes Jahr eine eigene Kultur errichten. Der Stil dieser Orte erinnert an eine unverkrampfte Mischung aus südamerikanischem Katholizismus, Voodoo, Buddhismus, Heiligenanbetung und der Verehrung von Gott als DJ.
Ungezügelte Gestaltung fernab der gelernten Design-Ästhetik: frei, demokratisch, künstlerisch. Eine eigene Welt zwischen Utopie, Kitsch, Kunst, Spaß und Euphorie. Ein eigener Stil entsteht aus der Gemeinschaft der EDM und hat bis heute interessanter Weise wenig Schnittstellen mit der Welt des klassischen Designs und der Architektur.
Temporäre Städte wachsen für wenige Tage und funktionieren mit den einfachsten Mitteln und Ausstattungselementen. Klare Strukturen – geordnet durch die Kathedralen des Sounds – bauen die historische Struktur eines Camps in der Größe einer mittleren Stadt mit Einwohnern aus 75 Ländern für ein Wochenende. Wirklich bemerkenswert. Und diese temporären Städte der Musik werden weiter wachsen; zeitweise stehen weltweit bis zu zwei Millionen Menschen auf online Wartelisten der Festivals.
Alle temporären Bürger in den Cities of Sound sind vereint im Glauben an die Gemeinschaft und die Musik. Vor diesem Hintergrund ist es spannend zu fragen, was die emotionalen Fixpunkte in unseren modernen Städten sind. Die Kirchen sind es wahrscheinlich nicht mehr.